Seit 1998 führt das Gymnasium der Benediktiner ein Projekt sozialen Lernens durch, das einen bewussten Gegenakzent setzt zu dem immer weiter um sich greifenden Individualismus unserer postmodernen Gesellschaft. Alle Schülerinnen und Schüler der Einführungsphase leisten ein dreiwöchiges Sozialpraktikum in unterschiedlichen Einrichtungen. Das Spektrum der Einsatzorte umfasst Seniorenzentren, Krankenhäuser, eine Fachklinik für Onkologie, ein Blindenheim, mobile Dienste, Behinderteneinrichtungen, Schulen mit besonderem Betreuungsauftrag, eine Beratungsstelle für psychisch Kranke, kirchliche Jugendprojekte und reicht bis hin zur Wärmestube der Caritas.
Die Schülerinnen und Schüler lernen eine soziale Einrichtung kennen und erfahren an einem außerschulischen Lernort beispielhaft, was es heißt, sozialen Dienst mit anderen und für andere Menschen zu leisten. Compassion ist ein Praktikum, das vor allem Begegnungen ermöglichen soll mit Menschen, die in besonderer Weise auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Die Schülerinnen und Schüler werden in verantwortliche Aufgaben eingebunden; eine bloße Zuschauerrolle („Zoo-Effekt“) erfüllt nicht den Sinn des Praktikums, als dessen primären Lernziele soziale Sensibilisierung und gelebte Solidarität definiert werden dürfen.
Das Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern und die Auswertung der Praktikumsberichte hat ergeben, dass etwa 90 Prozent der Praktikanten Compassion als bereichernde Erfahrung werten. Mit dem Praktikum erwirbt der Schüler zumindest einen Teil jener sozialen Kompetenz, die heute in fast allen Berufsfeldern als Schlüsselqualifikation eingefordert wird.
Das Basiskonzept für das Compassion-Projekt wurde entwickelt von der Arbeitsgruppe „Innovation“ der Zentralstelle Bildung der Deutschen Bischofskonferenz. Im Pädagogischen Ausschuss unseres Gymnasiums haben wir uns intensiv mit diesem Modell befasst und im Februar 1997 eine Expertenrunde mit Vertretern unterschiedlicher Institutionen zusammengerufen. Es waren gerade auch die Fachleute, die uns ermuntert haben, Compassion zu wagen. Gestützt durch einen bei den Eltern- und Schülervertretern sowie im Lehrerkollegium erzielten Konsensus und in der Gewissheit, dass unser Schulträger unser Anliegen mitträgt, haben wir im Januar/Februar 1998 erstmals die damalige Einführungsphase für zwei Wochen in ca. 40 verschiedene Einrichtungen entsandt. Die insgesamt guten Erfahrungen und der ausdrückliche Wunsch der Praktikanten selbst führten zu dem Entschluss, Compassion auf drei Wochen auszudehnen.
Das Projekt wird in den Fächern Religion, Sozialwissenschaften und Deutsch vorbereitet. Während des Praktikums werden die Schülerinnen und Schüler von den Fachlehrern der Einführungsphase begleitet. Die Organisation liegt in den Händen eines dreiköpfigen Projektkoordinationsteams, das auch die Kontakte zu den Einrichtungen herstellt. Finanziell unterstützt wird das Projekt von der Vereinigung der ehemaligen Schüler unseres Gymnasiums.
Ludwig Klens
Organisatorischer Ablauf
Für die Vorbereitung und Durchführung des Projekts gilt folgender jährlicher Ablaufplan:
Organisationsraster Sozialpraktikum Compassion Einführungsphase |
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April - Oktober |
Gespräche und schriftliche Vereinbarungen mit den außerschulischen Partnern (Behinderteneinrichtungen, Seniorenzentren, Krankenhäuser, Mobile Dienste, Förderschulen, Familienzentren etc.) |
Schuljahresbeginn |
Kurzinformation für die Eltern im Rahmen der ersten Pflegschaftssitzung |
November |
Handout zu den Einrichtungen (Vorabinformation) Implementationsveranstaltung (Hauptinformation) Informationsabend für die Eltern zu Compassion, zur Studien- und Berufswahlorientierung in der Sekundarstufe II und zur Oberstufenakademie der Abtei Königsmünster Zuweisungskonferenz (Auswertung der Schülerwahlen) |
Dezember |
Unterrichtliche Vorbereitung in Religion, Sozialwissenschaften, Deutsch Einführungsveranstaltungen zu den Schwerpunkten „Arbeit mit behinderten Menschen“ und „Arbeit mit demenzkranken Menschen“ (Referenten: Ärzte und Fachleute) Hygiene-Unterweisung durch das Gesundheitsamt für einen Teil der Schüler/innen Vorstellungsgespräch in der Institution (mit Betreuungslehrer/innen) |
Januar/Februar |
Aussendungsgottesdienst in der Abteikirche Durchführung des dreiwöchigen Praktikums |
Februar |
Abgabe des Praktikumberichts |
März |
Auswertungskonferenz (Einladung an alle beteiligten und interessierten Kolleginnen und Kollegen) Rückgabe der Praktikumsberichte |