Dummheit Bosheit2

Freitag, 24.11 um 9 Uhr morgens. Mathe, Deutsch und Englisch fallen aus. Stattdessen: Eine Lesung vom Biographen und Autor Alois Prinz – Pflichtveranstaltung für die gesamte Oberstufe. Entsprechend kirchenähnlich fiel die Sitzverteilung in der Aula aus, hinten rappelvoll, vorne gähnende Leere. Herr Plugge mahnte dies kritisch an, gab uns anschließend einen kurzen Überblick über Leben und Werk des Referenten und übergab ihm das Wort.

Zuerst schilderte Herr Prinz seinen Weg hin zum Autor. Als Sohn einer bayrischen Handwerkerfamilie ohne Deutsch-LK am Gymnasium hatte er es zunächst nicht leicht, seiner Bücher- und Germanistikleidenschaft nachzugehen. Nach dem Journalismusstudium in München konnte er sich über Literaturwettbewerbe trotzdem als Verfasser erster Biografien empfehlen. Besonders faszinieren ihn umstrittene Lebensläufe mit Bruch von Ulrike Meinhof, Apostel Paulus, Franz Kafka oder eben von Dietrich Bonhoeffer. Dessen Leben bringt Prinz seinen Lesern in seinem diesen Sommer veröffentlichten Buch „Bonhoeffer: Wege zur Freiheit“ näher.

2017 11 24 PrinzEben diesen Widerständler gegen den Nationalsozialismus skizzierte Prinz uns Schülern in den verbleibenden 60 Minuten. Aufgewachsen in einer Akademikerfamilie entschied sich Bonhoeffer nach dem Abitur 1923 für ein Theologiestudium. Wegen seines Verständnisses von christlicher Verantwortung und Ethik verhängten die Nazis und die gleichgeschaltete Kirche schnell Rede- und Schreibverbote gegen ihn. Bonhoeffer ging deshalb zunächst ins Ausland, kehrte aber 1935 nach Nazideutschland zurück, um sich der Widerstandsbewegung anzuschließen. Die damit verbundenen Gefahren müssen ihm bewusst gewesen sein und wurden schließlich zu seinem Verhängnis. Im April 1943 inhaftierte die Gestapo den Widerstandskämpfer, dessen zweijährige Haft immer brutaler wurde - bis hin zur Folter. Am 9. April 1945 – weniger als ein Monat vor Kriegsende – wurde Bonhoeffer im Alter von 39 Jahren erhängt.

 

Als abschließenden Appell zum Nachdenken gab uns Prinz Bonhoeffers Zitat „Von der Dummheit“ mit auf den Weg. Dieses macht deutlich, dass Dummheit viel gefährlicher sei als Bosheit. Denn gegen Bosheit lasse sich demonstrieren, sie lasse sich zur Not auch mit Gewalt verhindern. Gegen Dummheit hingegen helfe all dies nicht. Denn der Dumme glaube Tatsachen schlicht nicht, sei für rationale Argumente nicht empfänglich und wiege sich darüber hinaus in absoluter Selbstzufriedenheit.

Im Nachhinein hätte man sich vielleicht doch weiter nach vorne setzen sollen.

Hendrik Plett Q2

 

Der gefährlichere Feind des Guten

Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit.
Gegen das Böse läßt sich protestieren, es läßt sich bloßstellen, es läßt sich notfalls mit Gewalt verhindern, das Böse trägt immer den Keim der Selbstzersetzung in sich, indem es mindestens ein Unbehagen im Menschen zurückläßt.
Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch mit Gewalt läßt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht; Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach nicht geglaubt zu werden – in solchen Fällen wird der Dumme sogar kritisch, und wenn sie unausweichlich sind, können sie einfach als nichtssagende Einzelfälle beiseite geschoben werden.
Dabei ist der Dumme im Unterschied zum Bösen restlos mit sich selbst zufrieden, ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum Angriff übergeht.
Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten als gegenüber dem Bösen. ... Bei genauerem Zusehen zeigt sich, daß jede starke äußere Machtentfaltung, sei sie politischer oder religiöser Art, einen großen Teil der Menschenmit Dummheit schlägt. ... Das Wort der Bibel, das die Furcht Gottes der Anfang der Weisheit sei (Sprüche 1, 7), sagt, daß die innere Befreiung des Menschen zum verantwortlichen Leben vor Gott die einzige wirkliche Überwindung der Dummheit ist.

Quelle: Dietrich Bonhoeffer: Widerstand und Ergebung, DBW Band 8, Seite 26 ff