Spielfreude spür- und greifbar

„Ich habe gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergangen ist“; „grandios gespielt“; „das ist mir ans Herz gegangen“; „wirklich komisch“ – das ist nur ein kleiner, aber durchaus repräsentativer Ausschnitt der Zuschauerreaktionen auf die Aufführungen des Stückes „Unsere kleine Stadt“ von Thornton Wilder durch die Theatiner.

Die Theatergruppe am Gymnasium der Benediktiner brachte diesen Bühnenklassiker (Uraufführung 1938, Pulitzerpreis im selben Jahr) nach intensiven Proben zur Aufführung und nahmen die Zuschauer in der Aula mit in eine Szenenfolge, die das alltägliche Leben in einer fiktiven Kleinstadt namens „Grover's Corners“ in Neuengland zeigt. Alles ist nett hier, harmonisch und beschaulich. In drei Akten wird erzählt, wie der Alltag verläuft und wie sich das Leben allmählich verändert. Eigentlich geschieht nichts Besonderes... Obwohl der kleinbürgerlichen Welt von 1901-1913 verhaftet, wurde gerade darin die Zeitlosigkeit der menschlichen Verhaltensweisen deutlich, die immer wieder zum Lachen, Berührtsein und Nachdenken anregte.

Die Theatiner wagten sich damit zum ersten Mal seit ihrer Gründung im Jahr 1980 an episches Theater á la Brecht und meisterten diese besondere Herausforderung bravourös. Die begeisternde Spielfreude aller mitwirkenden 18 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen EF bis Q2, darunter auch unserer beiden ungarischer Austauschschüler, war buchstäblich spür- und greifbar, denn viele Szenen spielten mitten im Zuschauerraum. Durch den ständig geöffneten Vorhang war die Trennung von Bühnen- und Zuschauerraum aufgehoben, man konnte beim Bühnenumbau zuschauen und manchem Zuschauer entfuhr sogar ein spontaner Zuruf der Zustimmung. Dabei mussten fast alle Handlungen pantomimisch dargestellt werden, denn dem Charakter des epischen Theaters entsprechend, wurde auf Bühnendeko und Requisiten fast vollständig verzichtet, so dass schon die Fütterung einer imaginären, aber real gackernden Hühnerschar zum kleinen Kabinettstückchen geriet. Ein Spielleiter führte erzählend und kommentierend durch die verschiedenen Szenen und schlüpfte souverän auch mal in eine Rolle als Kellner oder Priester, wenn es nötig war.

Jeder Tag ist viel wertvoller und reicher als wir ahnen können – diese Erkenntnis wird der Hauptfigur Emily Webb des Stückes erst nach ihrem Tode klar, als sie sich in einer ergreifenden Szene selbst in einer „ganz normalen“ Alltagssituation beobachten kann.

Die Zuschauer beider Vorstellungen, darunter auch viele Lehrer unserer Schule, Abt Aloysius und Altabt Stephan mit weiteren  Mitbrüdern der Abtei dankten allen Akteuren auf und hinter der Bühne mit großem und langdauerndem Applaus.

Ein besonderer Dank der Theatiner gilt beim Theaterprojekt 2015 unseren Schülern Jonas Brüggemann, Janis Bachen (Stufe Q2) und Marius Bredt (Abi 2015), die unter schwierigen Bedingungen für Licht und Ton in unserer Aula gesorgt haben. Zu großem Dank sind wir auch Herrn Dipl.-Ing Eckhard Stoll und Herrn Prof. Stephan Breide von der FH Südwestfalen verpflichtet, die die Premiere des Stückes unter großem Technikeinsatz aufgezeichnet und daraus eine professionell geschnittene DVD-/Blu-rayfassung hergestellt haben.