2017 12 20 Basar5Ahoj! Wo bin ich denn hier gelandet? Eben gerade noch habe ich mich tief unten in der Spielkiste von Vitus gelangweilt. Heute morgen hat seine große Schwester Mona mich gepackt und in ihre Tasche gesteckt. „Du kommst mit in meine Schule!“ hat sie gesagt. Schule???? Nee, nee! Nicht mit mir! Und während ich noch nach einem Ausweg aus der Sache suche, stehe ich hier mitten im Trubel!

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Das ist doch schon mehr nach meinem Geschmack! Hmm, mal die Lage peilen: Sieht aus wie auf'm Bazar! Lauter Stände, voll mit Waren! Die zwei da hinter mir legen sich ja mächtig in's Zeug, um Käufer für ihre Beute zu finden! Kenn' ich! Ich glaube, ich gebe den Jungs mal ein paar Tipps, wie sie den besten Preis erzielen können, so von einem alten Hasen zu den Jungspunden ... Was gibt's denn hier alles im Angebot? Bücher, Spiele, Puzzles, CDs – Ich treffe Kumpel aus Vitus' Spielzimmer, wie Harry Potter, Super-Mario, Action-Helden, auch Einhörner, Ponys und Barbies sind hier – das ist mir zu viel Rosa!

 

Auf in's nächste Zimmer: Das hier müssen die eifrigen Händler wohl ihren Eltern geraubt haben: Master-Mind, die Drei ???, Asterix, Pippi Langstrumpf, Janosch ... Alles im Top-Zustand! Was duftet denn hier so gut? Ich folge meiner Nase und entdecke einen Stand mit Waffeln! Und die Käufer kommen in Scharen! Ich hör' mal zu, was da so abgeht: „Hast Du auch etwas für Jungs, die Harry Potter mögen?“ – „Ja, dieses Buch hier: Das ist ziemlich spannend. Ich habe es auch gelesen. Es ist nicht ganz so gruselig, passt also eher so ab 9, 10 Jahren.“ Wow, hier sind ja richtige Verkaufs-Profis am Werk! Die können nicht nur Marktschreier, sondern auch Beratung! Mona kann das auch. Gerade hat sie eine Kundin, die ein Geschenk für ihren 6-jährigen Neffen (Hanno) sucht. Ey! Wieso greift Mona denn da mich? Ich bin doch keine Ware!! Und schon bin ich eingesackt ...

2017 12 20 Basar14Als ich wieder auftauche, steht da dieser bronzene Typ neben mir und lächelt über meine Verwirrung. „Was gibt´s denn da zu grinsen?“ fahre ich ihn an. – „Tag, ich bin Benni! Na, Du hast ja 'ne Laune! Hast wohl einen schlechten Tag erwischt, was?“ gibt der zurück, immer noch grinsend. „Das kannste wohl laut sagen: Eben bin ich verkauft worden! Für nur einen (!) Euro! Aber die haben vergessen, mir meinen Säbel abzunehmen! Und ... hey, meine Kanone ist ja auch noch da! Ich werde denen zeigen, wie teuer ein Pirat seine Freiheit verkauft!“ „Lass Deinen Säbel stecken. Freu' Dich doch, dass Du Gutes tun kannst! Und Deine Freiheit nimmt Dir auch keiner.“ sagt da der Typ. Und da ich immer noch nix kapier', erklärt mir Benni, der übrigens ein kleiner Mönch und in dieser Schule zu hause ist, was hier abgeht: Kein Markt für Beutegut ist das hier, sondern ein Flohmarkt! Die 9a backt diese wirklich leckeren Waffeln, und die Kinder der Klassen 5 bis 7 haben von zu Hause das Spielzeug mitgebracht, für das sie oder ihre Geschwister zu groß geworden sind. Das verkaufen sie jetzt hier an jüngere Schüler oder Lehrer, Eltern oder die großen Jungs da hinten. Die verschenken es dann zu Weihnachten an Kinder, die genau auf so ein Spiel gewartet haben. Über meinen neuen Spielkameraden (Hanno) und seinen großen Bruder (Leo) erfahre ich so, dass sie für ihre Burg und ihr Piratenschiff noch so einen Kerl wie mich gebrauchen können!

Meine Laune bessert sich schlagartig! Auf zu neuen Abenteuern! Und dann erzählt Benni mir noch: Die Schüler spenden den ganzen Erlös – eintausenddreihundertzweiunddreißig Euro - aus ihrem Flohmarkt dafür, dass Straßenkinder in Brasilien ein neues Zuhause und eine Ausbildung bekommen können. Seit Jahren schon unterstützen die Schüler die Organisation AVICRES, die in einem Elendsviertel in Nova Iguacu armen Kindern eine Perspektive gibt.

Ich bin fast ein wenig stolz, dass ich dabei helfen konnte!

Fotos: Christoph Mause
Text Inken Schäfke